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Dezember 2013 - sieben Jahre / Wahrscheinlich die Erklärung für das Geschehen:

Bernhard Wilden war in China ein Dissident

Am 22. Dezember 2013 ist der siebte Jahrestag des Todes unseres Sohnes.

Meine Meinung, die ich schon im letzten Jahr dargelegt habe, hat sich verfestigt, und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war es so:

Bernhard Wilden war in China ein Dissident, wenn auch nicht mit chinesischer Staatsangehörigkeit. Als Dissident wird jemand bezeichnet, dessen Meinung von der herrschenden Meinung abweicht. Bernhards Meinung wich in China im Hinblick auf die Menschenrechte sicherlich von der herrschenden Meinung in China ab und wir wissen, daß er das auch öfters äußerte. Besonders kritisierte er immer wieder die Ein-Kind-Politik der chinesischen Regierung. Eine Beurteilung, inwieweit er sich dabei klug verhalten hat, verbietet sich an dieser Stelle und angesichts des Geschehens.

Ich habe Bernhard einmal in einem allgemeinen Gespräch über den chinesischen kommunistischen Staat gesagt, daß Ausländer in China sicher seien. Vielleicht hat er sich deshalb zu sicher gefühlt.

Mit Dissidenten wird in China auf unterschiedliche Weise verfahren: Handelt es sich um jemanden mit chinesischer Staatsangehörigkeit, so kann er inhaftiert oder für unbestimmte Zeit mit unbekanntem Aufenthalt verschleppt werden. Oder er kann in ein Arbeitslager gebracht werden. (Es gingen kürzlich Meldungen durch die Presse, daß China diese Arbeitslager jetzt auflösen und auch die Ein-Kind-Politik lockern will.) Oder es kann ihm die Erlaubnis zur Ausreise gegeben werden, wie etwa in dem Fall des blinden Bürgerrechtlers Chen Guangchen, der sich vor allem auch gegen die Ein-Kind-Politik der chinesischen Regierung engagierte; die Liste der chinesischen Dissenten ist lang.

Bei Ausländern verfährt man anders: Man kann sie nicht inhaftieren, sondern man weist sie aus.

Mein Sohn Bernhard Wilden wurde wahrscheinlich ausgewiesen. Das wurde ihm vermutlich mitgeteilt in den paar Tagen vor seinem Tod, an dem wir von ihm - völlig unüblich - keine einzige E-Mail erhalten haben. Bei seinem Telefonanruf zuhause in Köln teilte er mir dies nicht mit, denn zu Recht hätte er angenommen, daß eine Ausweisung für mich nicht vorstellbar gewesen wäre, und am Telefon hätte er mir das nicht darlegen können. So sagte er einfach als Antwort auf meine Frage, warum er sofort nachhause möchte, er werde bedroht und wußte, daß die Eltern dann alles Menschenmögliche für ihren Sohn unternehmen würden. Da er dann aber am nächsten Tag nicht ausreisen konnte, sondern mir stattdessen per Mail mitteilte, daß er sein Flugticket nicht gefunden habe, kam es dann in der Nacht darauf zur Katastrophe.

An dieser Stelle sei auch noch kurz auf die Frage eingegangen, ob es sich nicht auch um einen Selbstmord gehandelt haben könnte. Natürlich muß man im Falle jedes ungeklärten Todes auch eine solche Möglichkeit in Betracht ziehen. Ich habe das ausführlich in dieser Homepage behandelt, und alle Gründe sprechen dagegen und kein einziger dafür. Wäre es ein Selbstmord gewesen, so hätte man irgendwelche Spuren feststellen können und müssen und man hätte uns das mitteilen müssen. Bernhard war jedoch äußerlich unverletzt nach Aussage des Professors, der ihn identifiziert hat, und die Chinesen haben in einer Labor-Untersuchung im Blut keine Drogen und keinen Alkohol festgestellt. Eine Obduktion wurde nicht gemacht und die Auslieferung des Leichnams nach Deutschland wurde uns verweigert. - Ein junger gesunder Mann legt sich nicht einfach auf die Straße und ist „von selber“ tot ohne äußere Verletzung, ohne jede erkennbare Ursache.

Bernhard ist vermutlich nach einem oder mehreren Schlägen auf den Kopf an Kopf- und/oder Schädelverletzungen gestorben. Eine andere Möglichkeit ist bei Abwägung aller Aspekte für mich nicht vorstellbar. Es ist nur zu verständlich, daß die chinesischen Behörden alles versucht haben, dies zu vertuschen. Jegliche Informationen wurden uns verweigert. Wir standen und stehen vor einer Wand.

Leider hat uns auch von Seiten der deutschen Regierung und der deutschen Behörden niemand bei der Aufklärung unterstützt. Menschenrechte - sind vielleicht auch in Deutschland manchmal nur ein Wort.

Bernhard Wilden am Tag seines Bachelor-Examens im Sommer 2005 an der BCLU-Universität in Peking

Am 26. November 2013 wäre Bernhard 31 Jahre alt geworden.


geschrieben von Regina Wilden, Mutter von Bernhard Wilden, im Dezember 2013